Besteuerung von Immobilien-Erbschaften kann unterschiedlich sein

Pressemitteilung 2/2016 vom 25. Januar 2016

Grundsätzlich gelten Immobilien als sichere Investition. Man spricht zum Teil von Betongold, welches in Zeiten niedriger Zinsen und wenig reizvoller Renditen für Anleger eine Alternative zu Finanzprodukten darstellt. Immobilien haben u. a. den Vorteil, dass man im Alter möglicherweise selbst mietfrei darin wohnen kann. Außerdem sind sie unter gewissen Voraussetzungen auch vorteilhaft zu vererben. So kann die Erbschaft von Familienheimen, d. h. Wohnungen oder Häusern, die den Lebensmittelpunkt der Familie bilden, für den Ehepartner und Kinder unter Umständen steuerfrei sein. Das gilt für den Ehepartner prinzipiell ohne wert- oder größenmäßige Einschränkungen. Bei Kindern gibt es eine räumliche Obergrenze von 200 qm als Voraussetzung für eine steuerfreie Erbschaft. Aber auch hier kann der Teufel im Detail stecken, wie jüngste Urteile des Bundesfinanzhofes (BFH) zeigen.

Keine Steuerbefreiung für ein Einfamilienhaus aus beruflichen Gründen

Ein Urteil des BFH vom 23. Juni 2015 (Az. II R 13/13) belegt, dass eine Steuerbefreiung für ein Familienheim dann ausscheidet, wenn der Erwerber von vornherein gehindert ist, die aus einer Erbschaft resultierende Wohnung auch tatsächlich für eigene Wohnzwecke zu nutzen.

Verkürzt dargestellt ging es in diesem Fall um einen Professor, den späteren Kläger, der sich verpflichtet hatte, seinen Wohnsitz an den Dienstort zu verlegen. Das tat er auch im Jahr 2006, baute dann in der Nähe ein Haus und zog mit seiner Frau ein. Im Jahr 2009 wurde er Alleinerbe seines verstorbenen Vaters, der in einer anderen Stadt gelebt hatte und ihm ein bis zu seinem Ableben selbstgenutztes Einfamilienhaus überließ. Dies wurde renoviert und vermietet. Jedoch wollte der Kläger in seiner Erbschaftsteuererklärung die Steuerbefreiung nach § 13 Abs.1 Nr. 4c beanspruchen, weil eine Selbstnutzung des Hauses aus objektiv zwingenden Gründen nicht möglich gewesen sei. Dies u. a. deswegen, weil die fraglichen Standorte über 500 km weit auseinander lagen. Einer solchen Argumentation wollte das Finanzamt nicht folgen und versagte die Steuerbefreiung, weil die berufliche Tätigkeit des Klägers eben kein zwingender Grund sei, das geerbte Haus nicht zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen. Dieser Überzeugung schloss sich letztlich auch der BFH an. Dem Kläger stehe die geltend gemachte Steuerbefreiung nicht zu, da nur die Eigennutzung dazu berechtige und es letztlich nicht darauf ankomme, ob berufliche Gründe dem entgegenstehen.

Verzögerte Eigennutzung muss nicht steuerschädlich sein

Ein weiteres Urteil in Sachen Immobilienvererbung wurde ebenfalls am 23. Juni 2015 vom BFH entschieden (Az. II R 39/13). In diesem Fall jedoch hatte der Kläger mehr Glück, denn er konnte letztlich glaubhaft darstellen, dass unter gewissen Umständen auch eine längere als die gesetzlich vorgesehene Zeit notwendig war, um die komplette Selbstnutzung einer geerbten Immobilie und somit die Steuerbefreiung zu realisieren. Folgender Sachverhalt lag zugrunde: Der Kläger und seine Schwester waren je zur Hälfte Miterben ihres 2010 verstorbenen Vaters, zu dessen Nachlass ein Zweifamilienhaus gehörte. In einer der beiden Wohnungen wohnte der Vater mit der Tochter, die andere Wohnung war fremdvermietet. Ende 2011 zog der Kläger mit seiner Ehefrau in die vormals von Vater und Schwester bewohnte Wohnung ein und erhielt im Rahmen der Erbauseinandersetzung im März 2012 das Alleineigentum an dem Zweifamilienhaus.

Das Finanzamt wollte die Steuerbefreiung für die selbstgenutzte Wohnung nur erbanteilsmäßig zulassen. Das sah der BFH letztlich anders und gewährte für die selbstgenutzte Wohnung trotz der Verzögerung durch die erbrechtlichen Auseinandersetzungen die volle Steuerbegünstigung. Betont wurde jedoch, dass die Gründe für die Verzögerung in einem solchen Fall glaubwürdig dargelegt werden müssten. Vergleichbares galt in diesem Fall auch für die vermietete Wohnung. Hier war der verminderte Wertansatz ebenfalls nicht von einer zeitnahen Erbauseinandersetzung abhängig.

Ungeklärte steuerliche Behandlung

Ein anderer Fall in Sachen Immobilienerbe ist beim BFH noch anhängig (Az. II R 32/15). Hier muss u. a. geklärt werden, ob es erforderlich ist, dass das durch Erbschaft erworbene Miteigentum (bzw. spätere Eigentum durch Erbverzicht der Mutter) an einer Wohnung vom Erben persönlich bewohnt werden muss, um die Steuerbegünstigung sicher zu stellen. Im vorliegenden Fall hatte die miterbende Tochter ihrer in der Wohnung lebenden Mutter die Wohnung zur unentgeltlichen Weiternutzung nach dem Tode des Vaters überlassen. Sie selbst war täglich in der Wohnung, gelegentlich auch zur Übernachtung, um ihre betagte Mutter zu versorgen. Die Steuerfreiheit wurde bisher versagt, weil die Erbin die Wohnung nicht in vollem Umfang persönlich nutze. Hier stellt sich die grundsätzliche Frage, ob die unentgeltliche Überlassung der per Erbschaft erworbenen Wohnung an den überlebenden Ehegatten des Erblassers möglicherweise die Voraussetzung der „Selbstnutzung“ erfüllt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieses Falls wurde die Revision zugelassen.

Generell besteht wegen der Komplexität der Materie bei Erbschaften erhöhter Beratungsbedarf. Das lassen die beispielhaft skizzierten Fälle, aber auch weitere Facetten wie Haltefristen und Veräußerungen, Nießbrauch oder Erbfälle mit EU-Auslandsbezug erkennen, um hier nur Einiges zu nennen. Es empfiehlt sich also, sich von einem Steuerexperten beraten zu lassen.

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